Sie sind hier

Wohnfläche: Anrechnung von Balkonen und Terrassen 25% oder 50%?

LG Berlin, Urteil vom 17.01.2018, AZ: 18 S 308/13

Das Berliner Landgericht hatte einen Fall zu entscheiden, bei dem die Wohnfläche für die Wohnung eine entscheidende Rolle spielte.

Mieterhöhung nur unter Berücksichtigung der tatsächlichen Wohnfläche

Der Vermieter verlangte vom Mieter die Zustimmung zur Mieterhöhung nach § 558 BGB und setzte hierfür die aus seiner Sicht richtige Wohnfläche von 94,48 qm an. Der Mieter war der Ansicht, dass die Wohnung kleiner sei, nämlich nur ca. 84 qm.

Anmerkung: bei einer Mieterhöhung darf stets nur die tatsächliche Wohnfläche berücksichtigt werden (BGH, AZ: VIII ZR 266/14)

Der Mieter protestierte hiergegen und verlangte die Rückzahlung überzahlter Miete i. H. v. von 1.827,93 € nach §§ 812, 536 BGB, da die Wohnfläche mehr als 10 % von der vereinbarten Wohnfläche abweicht.

Anmerkung: bei einer Abweichung von mehr als 10 % liegt ein Mangel der Mietsache iSd § 536 Abs. 1 BGB dar, der den Mieter zur Mietminderung berechtigt und auch einen Rückzahlungsanspruch begründet.

 

Wonach wird die Wohnfläche berechnet?
Es gibt verschiedene Regelwerke (z. B. DIN 283, WoFlV, II. BV), nach denen eine Wohnfläche bestimmt werden kann. Haben sich die Vertragsparteien auf kein anzuwendendes Regelwerk geeinigt, wird in der Regel für die nach dem 31.12.2003 geschlossenen Mietverträge die Wohnflächenverordnung (WoFlV) angewendet.

 

Vorschrift für Balkone, Terrassen, Loggien
Nach § 4 Nr. 4 WoFlV ist eine Anrechnung der Grundflächen von „Balkonen, Loggien, Dachgärten und Terrassen in der Regel zu einem Viertel, höchstens jedoch zur Hälfte“ vorgeschrieben.

 

Urteil Landgericht Berlin: Balkon zur Straßenseite zählt zu 25%

 

Im Gerichtsverfahren erfolgte ein Aufmaß durch einen gerichtlich bestellten Sachverständigen. Dieser berechnete die Wohnfläche nach der Wohnflächenverordnung und berücksichtigte die beiden zur Wohnung gehörenden Balkone wie folgt:

Balkon zur Hofseite = 50 %
Balkon zur Straßenseite = 25 %

Das Gericht führte hierzu aus: mangels anderweitiger Vereinbarungen ist für Mietverhältnisse, die nach dem 31.12.2003 geschlossen wurden, die Wohnfläche nach der WoFlV zu ermitteln ist. Nach Überzeugung des Gerichtes existiert keine (andere) ortsübliche Verkehrssitte, wonach die Wohnfläche in Berlin nach einem anderen Regelwerk zu berechnen sei. Auch wenn in Berlin (in der Praxis) die Balkone, Terrassen etc. oft zur Hälfte angerechnet worden wären, kann dies nicht als „örtliche Übung“ gewertet werden. Denn im Ergebnis handelt es sich um die fehlerhafte Anwendung der WoFlV.

Der Vermieter wurde daher antragsgemäß zur Rückzahlung der Miete verurteilt und seinem Mieterhöhungsverlangen musste nur teilweise zugestimmt werden. Die Kosten des Sachverständigengutachtens hatte der Vermieter zu tragen.