Sie sind hier

Mietpreisbremse gilt nicht bei Erstvermietung nach umfassender Sanierung

AG Schöneberg, Urteil vom 08.09.2017, AZ: 17 C 148/16

Wann gilt eine Wohnung als umfassend saniert?

Der Vermieter kann den Mietpreis frei bestimmen, wenn er die Wohnung nach umfassender Sanierung erstmalig neu vermietet. In diesem Fall ist er nicht an die Vorschriften zur Mietpreisgrenze gebunden, sondern kann die Miethöhe frei bestimmen (§ 556 f BGB).

 

Wann ist eine Wohnung „umfassend saniert“?
Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich, dass eine „umfassende Modernisierung“ anzunehmen ist, wenn etwa ein Drittel der für einen Neubau erforderlichen Kosten angefallen sind. Zudem müssen Verbesserungen an einigen wesentlichen Bauteilen wie zum Beispiel

  • Erneuerung Dach
  • Modernisierung Fenster und Türen
  • Modernisierung Heizung
  • Bäder Modernisierung
  • Erneuerung Wasser- und Abwassersyteme
  • Erneuerung Elektrizität

 

Der Fall: Mieter streitet „umfassende Sanierung“ ab und verlangt Rückzahlung Miete
Der Vermieter hatte seine 3-Zimmerwohnung (86 qm) für knapp 60.000 € saniert. Er hatte nicht nur renoviert, sondern sämtliche Böden (Parkett) und die Elektrizität erneuert, ein modernes Bad eingebaut, die Küche saniert und mit einer Einbauküche versehen. Nach dieser Sanierung vermietete er die Wohnung für 1.199 €/Monat nettokalt; der Vormiete hatte hingegen nur 485 €/Monat betragen.

Die Mieter rügten die Miethöhe in 05/2016 und erklärten, dass die Mietpreisbremse anzuwenden sei. Die ortsübliche Vergleichsmiete zuzüglich 10 % Zuschlage ergäbe lediglich eine monatlich Nettokaltmiete von 823 Euro.

 

Vermieter sieht sich wegen Modernisierung von der Mietpreisbremse befreit
Der Vermieter lehnte die geforderte Rückzahlung der Miete ab, da er seiner Ansicht nach wegen der umfassenden Sanierungsarbeiten nicht der Mietpreisbremse unterliege. Denn schließlich habe er die Wohnung im Innenbereich aufwändig und kostenintensiv modernisiert.

 

Das Urteil: Mietpreisbremse gilt nicht!
Das Gericht urteilte zugunsten des Vermieters: der Vermieter war in der Mietpreisbestimmung frei. Nach der Gesetzesbegründung gilt eine Wohnung dann als “umfassend saniert“, wenn sie nach Abschluss der Arbeiten mit einem Neubau vergleichbar erscheint. Dabei ist sowohl der Investitionsaufwand entscheidend als auch die qualitative Bewertung der Sanierungsmaßnahmen.
Ein wesentlicher Bauaufwand soll vorliegen, wenn ca. ein Drittel von Neubaukosten investiert wurden. Den Angaben des Statistischen Bundesamt folgend lagen diese für Berliner Mietwohnungen im Jahr 2016 bei 1.486 €/qm, so dass ein Drittel hiervon bei ca. 500 €/qm liegt. Die Investitionskosten des Vermieters beliefen sich auf rund 682 €/qm. Hiervon sind allerdings die Instandhaltungskosten abzuziehen. Nach Abzug dieser Kosten (ca. 14.000 €) verblieben im konkreten Fall jedoch immer noch reine Sanierungskosten i. H. v. 520 €/qm. Das Gericht hat weiterhin festgestellt, dass Art und Umfang der ausgeführten Maßnahmen die Wohnung in den Standard einer Neubauwohnung versetzt hat bzw. mit einer solchen vergleichbar ist.