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LANDGERICHT BERLIN: Schönheitsreparatur-Klauseln in Formularmietverträgen GENERELL unwirksam

LG Berlin, Urteil vom 07.03.2017, AZ 67 S 7/17

Keine Übertragung von Renovierungsarbeiten auf den Mieter mehr möglich?

Das Landgericht Berlin (AZ 67 S 7/17) hat entschieden, dass eine Schönheitsreparaturklausel in einem Formularvertrag generell unwirksam ist. Dies soll selbst dann gelten, wenn dem Mieter die Wohnung renoviert übergeben wurde.

 

Klausel: „Die Kosten der Schönheitsreparaturen trägt der Mieter“
Diese Klausel befindet sich in einer Vielzahl von Mietverträgen und wurde vom Bundesgerichtshof auch nicht beanstandet. Eine Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter in einem Formularmietvertrag war jedenfalls dann wirksam, wenn die Wohnung dem Mieter renoviert überlassen wurde (BGH, AZ: VIII ZR 185/14, VIII ZR 242/13).

Das Landgericht Berlin hält diese Klausel nun für unwirksam und zwar generell. Eine Übertragung von Renovierungsarbeiten auf den Mieter in einem Formularmietvertrag soll nur noch dann möglich sein, wenn der Mieter dem Vermieter für die Übernahme der Renovierungsarbeiten einen AUSGLEICH gewährt. Dieser müsse dann im Mietvertrag vereinbart sowie klar und deutlich zum Ausdruck kommen.

 

Begründung: Klausel benachteiligt Mieter
Das LG Berlin sieht in einer formularvertraglich vereinbarten Verpflichtung eine unangemessene Benachteiligung des Mieters. Denn diese Formulierung als Kostenklausel ist bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung so zu verstehen, dass der Mieter die Schönheitsreparaturen NICHT in Eigenleistung vornehmen kann. Es ist dem Mieter jedoch zuzugestehen, die Arbeiten in kostensparender Eigenleistung fachgerecht erbringen darf. Denn er schuldet nur die Ausführung in mittler Art und Güte.

Aber auch wenn man die Klausel als Vornahmeklausel verstehen will, ist diese unwirksam. Denn führt der Mieter die fälligen Schönheitsreparaturen nicht aus, könnte dies zu einem Verlust seiner Gewährleistungsrechte (z. B.: Minderung, Aufwendungs,- Schadensersatz) führen. Diese Pflichtverletzung des Mieters (unterlassene Ausführung fälliger Renovierungsarbeiten) könne der Vermieter dem Mieter entgegenhalten. Ein Ausschluss des Minderungsrechtes für Wohnungsmieter ist jedoch nach § 536 Abs. 4 BGB STETS unwirksam. Deshalb sei diese Klausel auch als Vornahmeklausel im Ergebnis unwirksam. Dem Vermieter obliegt die Ausführung der Schönheitsreparaturen.

 

Der Fall: Mieter zieht nach 14 Jahren aus und renoviert nicht
Der Mietvertrag enthielt die Klausel „Die Kosten der Schönheitsreparaturen trägt der Mieter – Vermieter“. Das Wort Vermieter war handschriftlich gestrichen. Die Rückgabe erfolgte umrenoviert, obwohl der Mieter die Wohnung selbst renoviert erhalten hatte. Die Vermieterin verlangte Schadensersatz nach §§ 280, 281 BGB i. H. v. 6.345,96 €. Das Landgericht Berlin wies die Klage der Vermieterin ab, da diese wegen unangemessener Benachteiligung nach § 307 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB unwirksam sei.

 

Das Landgericht Berlin hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.

 

Renovierungspflicht des Mieters: nur noch als individuelle Vereinbarung?
Eine „Individuelle Vereinbarung“ unterliegt nicht der strengen AGB-Kontrolle nach §§ 305 BGB ff. Nicht jede handschriftliche Notiz im Mietvertrag ist jedoch eine zwischen dem Mieter und Vermieter ausgehandelte „individuelle“ Vereinbarung. Eine vom Vermieter diktierte Klausel erfüllt diese Anforderungen nicht. Der Mieter muss hierauf die (echte) Chance auf Einflussnahme gehabt haben.