Neue Entscheidung stärkt Mieter beim Härtefall Widerspruch
Der Bundesgerichtshof hat ein neues Urteil zur Eigenbedarfskündigung gefällt.
Es betrifft die Anforderungen an den Härtefall-Widerspruch – und erleichtert Mietern den Nachweis gesundheitlicher Gründe.
Rechtslage bisher – ärztliches Attest erforderlich
Bislang gingen viele Gerichte – insbesondere in Berlin – davon aus, dass im Falle eines Widerspruchs gegen die Kündigung ein fachärztliches Attest erforderlich ist.
Der Bundesgerichtshof hat diese Sichtweise jetzt aufgeweicht.
Der Fall: Eine Eigenbedarfskündigung in Berlin
Ein Berliner Mieter erhielt nach 15-jähriger Mietzeit die Eigenbedarfskündigung seines Vermieters, der er widersprach.
Er legte eine ausführliche Stellungnahme seines Psychoanalytikers vor, die bescheinigte, dass ein Umzug seine psychische Stabilität gefährden und zu schweren depressiven Krisen führen könnte.
Sowohl das Amtsgericht Neukölln als auch das Landgericht Berlin hielten diese Beurteilung für nicht ausreichend und verlangten ein fachärztliches Attest, um einen Härtefall anzunehmen.
Der Mieter verlor in beiden Instanzen.
BGH-Urteil: Stellungnahme kann genügen
Ein Mieter erfüllt seine Darlegungspflicht auch dann, wenn er kein ärztliches Attest, sondern eine medizinisch qualifizierte Stellungnahme – etwa eines Psychoanalytikers oder Psychotherapeuten – vorlegt.
„Ein fachärztliches Attest ist nicht zwingend erforderlich.
Auch die Beurteilung eines medizinisch geschulten Behandlers kann genügen, um den behaupteten Härtefall substantiiert darzulegen.“
(BGH, Urteil vom 16. 04. 2025 – VIII ZR 270/22)
Bedeutung für Vermieter
Der Mieter genügt seiner Darlegungspflicht künftig auch ohne ärztliches Attest. Bereits die Stellungnahme eines medizinisch geschulten Behandlers kann ausreichen, um der Eigenbedarfskündigung formell wirksam zu widersprechen. Weil psychotherapeutische Behandlungen insbesondere bei Depressionen heute weit verbreitet sind, kann dieses Urteil zahlreiche Eigenbedarfskündigungen beeinflussen.
Ob tatsächlich ein Härtefall vorliegt, muss dann das Gericht im Rahmen einer Räumungsklage klären.
Empfehlung
Vermieter können sich auf solche Härteeinwände nicht vorbereiten – denn sie haben keinen Einfluss darauf, welche Unterlagen der Mieter vorlegt. Umso wichtiger ist eine sorgfältige Begründung des Eigenbedarfs und eine klare Dokumentation des gesamten Kündigungsvorgangs.